Augmented Reality Inspection

Effiziente optische Inspektion ab Losgröße 1 mit EFA Inspection®

Der Einsatz automatischer Inspektionssysteme ist von der wirtschaftlichen Überlegung abhängig, ob die Zeitersparnis durch die Automatik der Inspektion im sinnvollen Verhältnis zum Aufwand für die dafür notwendige Programmierung steht. Sichtkontrollen wie Erstmuster- oder Kleinserienprüfungen erfüllen diese Voraussetzung in der Regel nicht. Hier müssen smarte Konzepte wie die Augmented Reality Inspection (ARI) zum Einsatz kommen, die den Bediener mit seiner Erfahrung und Flexibilität deutlich stärker einbinden als bisher – ganz im Sinne von Industrie 4.0.

erschienen als Titelstory in der Productronic 11/2014

Industrie 4.0, die vierte industrielle Revolution, ist das omnipräsente Thema in den Medien und eines der Zukunftsprojekte der Bundesregierung. Für den Bereich der industriellen Fertigung ist dabei die starke Individualisierung der Produkte bis zur Losgröße 1 unter den Bedingungen einer hoch flexiblen Produktion ausschlaggebend. In den „Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Industrie 4.0“ des Abschlussberichtes des Arbeitskreises Industrie 4.0 findet sich u.a. folgende zentrale Aussage:

„Im Mittelpunkt der Industrie 4.0 steht der Mensch (…), der seine Fähigkeiten mittels technischer Unterstützung erweitert und so in der Smart Factory zum ‚kreativen Schöpfer‘ und vom reinen ‚Bediener‘ zum Steuernden und Regulierenden wird.“

Der Mensch rückt in den Mittelpunkt der 4. Industriellen Revolution – nicht die Maschinen. Obgleich Maschinen schnell, präzise und kraftvoll arbeiten, sind sie heute oftmals eher statisch. Der Mensch dagegen ist sehr flexibel und kann in kürzester Zeit eine Fülle von Aufgaben beherrschen.

Abwägung zwischen dem Machbaren und dem wirtschaftlich Sinnvollen

Daher wurden in der Vergangenheit vor allem diejenigen Prozesse automatisiert, die immer wiederkehrende, ähnliche Aufgaben erledigen und nur solche menschlichen Fähigkeiten benötigen, die sich maschinell einfach ersetzen lassen. Komplexere menschliche Fähigkeiten, wie z. B. das schnelle Erfassen von neuen oder unerwarteten Situationen oder das Schlussfolgern von Erlerntem auf etwas Neues, basieren vor allem auf der menschlichen Erfahrung. Diese ist Teil seiner Lebenserfahrung und wird maßgeblich durch die visuelle und akustische Wahrnehmung seiner Umwelt beeinflusst.

Dagegen erfordert die maschinelle, visuelle Erfassung von einem einzigen Bild eine Vielzahl von Parametern für oftmals viele kleine Bildausschnitte, die zudem noch in enge Parametergrenzen gepackt werden müssen. Und selbst dann sind nur wenige zuvor intensiv eingelernte Objekte zu erkennen. Daher ist die maschinelle Bilderfassung stets mit einem nicht zu vernachlässigbarem Parametrisierungs-Aufwand bei gleichzeitig engen Toleranzgrenzen verbunden.

In der Folge können solche Prozesse nur mit vernünftiger Abwägung zwischen dem technisch Machbaren und dem wirtschaftlich Sinnvollen optimiert werden.

Kleine Losgrößen sind wirtschaftlich nicht vollständig automatisierbar

Optische Inspektionen für kleine Losgrößen, wie z.B. Erstmusterprüfungen sind hierfür ein gutes Beispiel. In vielen Firmen arbeiten dafür zwei Personen mehrere Stunden Hand in Hand. Eine Person sucht das zu inspizierende Bauteil auf der Leiterplatine während die andere Person alle notwendigen Informationen für eine fundierte Entscheidung in den Fertigungsunterlagen bereithält. Der ständige Fokuswechsel zwischen der schematische Zeichnung und der Leiterplatine führt dabei schnell zu einer Ermüdung und einer „Blindheit“ für die Details. Darüber hinaus benötigt allein das Suchen der richtigen Bauteile auf der Leiterplatine und der notwendigen Hinweise in den Fertigungsunterlagen für die korrekte Bewertung eines Bauteils wertvolle Prozesszeit. Gerade während einer Erstmusterprüfung wartet dann die fertig-gerüstete Produktionslinie manchmal mehrere Stunden, bis das Ergebnis der Inspektion vorliegt.

Solche Sichtprüfungen sind echte Wunschkandidaten für einen stärker zu automatisierenden Prozess! Vollständig automatische optische Inspektionen sind hier allerdings nicht zielführend, da ihr Parametrisierungs-Aufwand für die visuelle Erkennung der Leiterplatine bei derart kleinen Stückzahlen meistens wirtschaftlich unvernünftig ist. Darüber hinaus sind neu erstellte Parametrisierungen selten so perfekt, dass die gewünschte Inspektion zu Beginn tatsächlich ohne menschlichen Prüfer ablaufen könnte. In der Regel sind viele echte Fehler notwendig, um die Pseudo-Fehlerrate einer AOI durch beständige Nach-Parametrisierung auf ein wirtschaftlich vertretbares Maß zu drücken.

Daher sind Erstmusterprüfungen, Kleinserieninspektionen sowie Rüst- und Stichprobenkontrollen aus wirtschaftlichen Überlegungen nicht vollständig automatisierbar!

ARI – alle Informationen auf einen Blick

Die Firma LEBERT Software Engineering entwickelt seit mehreren Jahren das Inspektionssystem EFA Inspection, das von Anfang an die Erfahrung und die Flexibilität des Anwenders in den Mittelpunkt stellt. Den Prozess des Suchens und Findens der richtigen Informationen übernimmt das Inspektionssystem, während der Mensch sich auf seine Kernkompetenz, das Bewerten, konzentrieren kann.

Damit sich der zeitliche Vorteil der Teilautomatisierung voll entfalten kann, muss der Prozess der Programmierung ohne großen Zeitverlust schnell und einfach erfolgen. In EFA Inspection lassen sich die Fertigungsdaten mit minimalem Aufwand integrieren. Die Zuordnung zwischen den Bestückdaten und der schematischen Zeichnung lernt die Software in einem kurzen Einrichtungsprozess. Da bis zu drei Listen miteinander kombiniert werden können, stehen im Anschluss alle prüfungsrelevanten Informationen bauteilbezogen zur Verfügung.

Der Bediener erhält innerhalb weniger Minuten eine mit Informationen angereicherte Realität – eine Augmented Reality.

In der Darstellung des Inspektionssystems lässt sich der Bestückplan über die Aufnahme der zu prüfenden Platine einblenden. Informationen wie farbige Markierungen zur Bestückvariante oder Polungskennzeichnungen können jetzt durch einen Blick mit der Aufnahme der Platine abgeglichen werden.

Zusätzlich wird an dem aktuellen Bauteil eine Sprechblase mit den prüfungsrelevanten Informationen angezeigt. Auch hier sieht der Bediener direkt im Bild auf einer Fokusebene alle diejenigen Angaben, die er für die Inspektionsentscheidung benötigt. Durch den geführten Ablauf der Inspektion kann kein Bauteil vergessen oder übersehen werden. Damit stellt EFA Inspection eine fundierte Inspektion durch den Bediener sicher. Im Anschluss an die vollständige Prüfung kann ein Prüfbericht erzeugt oder eine statistische Auswertung erstellt werden.

EFA Inspection® ermöglicht Zeiteinsparungen von bis zu 85%

Die Anforderungen an ein solches teilautomatisiertes Inspektionssystem sind hoch. Es muss sich hochflexibel an die Bedienanforderungen und Vorlieben des Anwenders anpassen lassen. Nur dann wird das System von den Nutzern auch gerne eingesetzt.

Zusätzlich müssen unterschiedliche Prüfaufgaben abgedeckt werden können. Diese Flexibilität erfüllt EFA Inspection durch die vielfältige Auswahl an Darstellungsmöglichkeiten und Inspektionsabläufen. So lassen sich z.B. alle Bauteile der gleichen Sachnummer zusammen anzeigen und gemeinsam bewerten. Dabei werden die Bildausschnitte der Bauteile entsprechend des hinterlegten Drehwinkels auf null Grad zurück gedreht. Vereinfacht bedeutet dies für den Prüfer, dass alle Bauelemente der gleichen Sachnummer in der Darstellung gleich ausgerichtet sein müssen. Der Abgleich mit den Daten und dem Bestückplan erfolgt mit einem Bauteil jeder Sachnummer (vgl. Abbildung 1).

Durch die enge Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine wird so eine deutliche Zeiteinsparung für diesen Prozess erreicht. Erstmusterprüfungen lassen sich damit im Vergleich zum rein manuellen Ablauf nachweislich um bis zu 85% reduzieren. Diese Zeiteinsparung kann unmittelbar zur Erhöhung der Produktivität genutzt werden.

EFA Picture Touch Inline – adaptierbar auf vorhandene Handlingsysteme

Grundlage für ARI ist eine möglichst hochqualitative Aufnahme der zu prüfenden Platine. Hierzu bietet die LEBERT Software Engineering die kamerabasierte Produktfamilie EFA Picture an. Diese Geräte lassen sich über Profile für unterschiedliche Platinengrößen, Bauteilhöhen und Ausleuchtungskonzepte einrichten. Dabei können Aufnahmen von bis zu 100 MioPixeln erzeugt werden.

Das neu entwickelte Inline-Aufsatz-Gerät „EFA Picture Touch Inline“ lässt sich sogar auf Handling-Systeme vorhandener Linien integrieren (vgl. Abbildung 2). Die vorgesehene Position des Gerätes für die Inspektion von Erstmustern und Stichproben ist vor dem Lötofen. Platinen können so vor dem Lötprozess überprüft werden, ohne sie aus der Linie zu entfernen. Auch eine Korrektur von Bestückungsfehlern ist damit ohne großen Aufwand möglich (vgl. Abbildung 3).

Der Einsatz des Inline-Gerätes empfiehlt sich für Linien, in denen häufig umgerüstet wird oder regelmäßige Stichprobenkontrollen stattfinden sollen.

Der Mensch im Zentrum der Softwareentwicklung

Der Mensch rückt in den Mittelpunkt der 4. Industriellen Revolution und damit natürlich auch in das Zentrum der Softwareentwicklung. Diese Entwicklung wird sich in Zukunft immer stärker an den Wünschen des Kunden und den Erfahrungen der zukünftigen Anwender orientieren müssen.

Das Softwareunternehmen LEBERT Software Engineering setzt dies seit Jahren mit einem einzigartigen Konzept um. Die stetige Weiterentwicklung der Software entsteht in einer engen Zusammenarbeit mit den Anwendern. Damit halten regelmäßig Ideen und Anforderungen der Kunden Einzug in die Software. Es entsteht eine praxisbezogene Anwendung „von Kunden für Kunden“. Dabei gilt es immer, die Stärken von Maschine und Mensch zu kombinieren. Denn die eng verzahnte Zusammenarbeit führt zu Optimierungen und Zeiteinsparungen bei Prozessen, die auf den ersten Blick nicht automatisierbar erscheinen.

Aus dieser Zusammenarbeit ist im Laufe der letzten Jahre aus der anfänglichen Anwendung EFA Inspection die Anwendungssuite EFA SmartSuite erwachsen, die den gesamten Fertigungsprozess  eines EMS Dienstleisters von der Angebotsphase über die Arbeitsvorbereitung bis hin zur Fertigung nachhaltig unterstützen kann (vgl. Abbildung 4).

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